Freitag, 18. März 2005

Kurzbiografie

Richter, Elise

Richter, Elise, * 2. 3. 1865 Wien, † 23. 6. 1943 KZ Theresienstadt (Terezín, Tschechische Republik), Sprachforscherin. Erhielt 1907 als erste Frau in Österreich die Lehrberechtigung für romanische Philologie und 1922 als erste Frau den Titel Universitätsprofessor. Leitete das Phonetische Institut der Universität Wien, erforschte die physiologischen und psychologischen Grundlagen der Sprache.

Quelle: www.aeiou.at
2.3.1865, Wien – 21.6.1943, Theresienstadt Vater: Maximilian Richter, ? – 1891?, Arzt; Mutter: Emilie Richter, ? –1889
Strenge Religiosität, ohne Anbindung an eine Konfession, und bürgerliche Mädchenbildung kennzeichnen den kindlichen Alltag der Elise Richter. Zusammen mit ihrer Schwester erhält sie Privatunterricht bei einer norddeutschen Erzieherin, einem "Richtigen preußischen Feldwebel". Den Wunsch zu studieren halten die Eltern für "unmädchenhaft", so daß Elise Richter im Anschluß an den häuslichen Unterricht zunächst "drauflosliest": Herders "Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" und Theodor Mommsens "Römische Geschichte", die ihr sprachwissenschaftliches Interesse wecken. In ihrem zwanzigsten Lebensjahr erkrankt sie an Gelenkrheumatismus und lebt von da an nie völlig schmerzfrei. Sie sucht verstärkt Zuflucht in der Musik, im Lesen und Lernen, empfindet dies jedoch weniger als Therapie denn als "Gaya scienzia", als "fröhliche Wissenschaft" im Sinne Nietzsches, was sie auch als Lebensmotto beibehält. Seit 1891 ist Elise Richter Gasthörerin an der Wiener Universität, u.a. bei Lujo Brentano und Theodor Gompertz. Ihr späterer väterlicher Freund und Mentor Adolf Mussafia, der "erste regelrechte Vertreter der Romanischen Philologie an der Wiener Universität" (Christmann [...]), läßt sie jedoch erst nach bestandener Matura (1897) als Externe am Akademischen Gymnasium in Wien zu seinem altfranzösischen Kolleg zu. Nach Abschluß ihres Studiums (1901) bemüht sie sich lange Zeit um eine Dozentur, die ihr jedoch erst 1907, nach vollendeter Habilitation gewährt wird. Damit ist Elise Richter die erste, wenngleich unbezahlte Privatdozentin Österreichs und Deutschlands. Schon mit der Abhandlung "Der innere Zusammenhang in der Entwicklung der romanischen Sprachen" (1911) strebt Elise Richter weg von der systematischen Auffassung der Sprachgeschichte hin zu einer "pragmatischen" Geschichte der romanischen Sprachen, einer "Chronologie der Romanismen" (Christmann [...]), und entdeckt die Psychologie als unverzichtbares Element zum Verständnis sprachlichen Geschehens. 1921 wird sie zum a. o. Professor ernannt, doch erst mit der Erteilung eines Lehrauftrags für Sprachwissenschaften und Phonetik an der Universität Wien angemessen für ihre Tätigkeit bezahlt. Ein Jahr später gründet sie auf den Anstoß der "International Federation of University Women" hin den "Verband der akademischen Frauen Österreichs". Als 1930 ihr grundlegender Forschungsbericht "Die Entwicklung der Phonologie" erscheint, ist das Fach durch die Initiative Elise Richters gerade seit zwei Jahren an der Universität Wien etabliert. Der Titel des Ordinarius bleibt ihr jedoch verwehrt. 1938 wird ihr aufgrund der rassistischen Gesetzgebung der Nationalsozialisten die Lehrerlaubnis entzogen. Das Angebot der "International Federation of University Women", nach England zu emigrieren, lehnt Elise Richter ab. Was für sie zwischen 1905 und 1907 gilt, als sie sich während des zermürbenden Habilitationsverfahrens schon einmal mit Auswanderungsplänen befaßt, gilt erst recht 1938: "Ich hing mit allen Fasern an Wien, an der Landschaft, der Architektur, dem Burgtheater und den philharmonischen Konzerten ... ein klein wenig auch am selbstangelegten Gärtchen. Ich war zu fest eingewurzelt." [...] Ihre letzten Arbeiten, darunter sprachpsychologische Betrachtungen zum "Stammausgleich der ablautenden französischen Verben", kann sie 1940 bis 1942 nur noch in den Niederlanden und Italien veröffentlichen. Zusammen mit ihrer Schwester bleibt Elise Richter bis zu ihrer Deportation nach Theresienstadt am 10. Oktober 1942 in der Wohnung ihres ehemals eigenen Hauses im Wiener Cottage. Am 21. Juni 1943 stirbt Elise Richter in Theresienstadt an den Folgen der Deportation.

Quelle: Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk. Hg. v. Jutta Dick. Reinbek bei Hamburg, 1993
Richter Helene

Anglistin und Theaterwissenschafterin. * wien, 4. 8. 1861; + KZ Theresienstadt (Terezin, Böhmen), 8. 11. 1942. Schwester der Romanistin Elise R.; gem. mit dieser privat unterrichtet, bildete sie sich durch autodidakt. Stud. sowie Vorlesungen an der Univ. Wien (ab 1891 Gasthörerin) und ausgedehnte Reisen durch Europa und Nordafrika weiter. Nach frühen dichter. Versuchen wandte sie sich in erster Linie der wiss. Publizistik - vorzüglich auf dem Gebiet der engl. Literatur - zu und verfaßte Burgtheaterrezensionen für literar. Jbb., die sie zu tiefergehender Beschäftigung mit der Geschichte des Burgtheaters und zu meisterhaften, psycholog. einfühlsamen Schauspielercharakteristiken führten. Ihren Ruf als Anglistin begründete R. mit ihrer Geschichte der engl. Romantik; darüber hinaus bereicherte sie die Shakespeareforschung und wurde insbes. durch ihre Monographien bedeutender engl. Dichter bekannt. Aufgrund ihrer Werke wurde sie 1931 Dr. h. c. der Univ. Heidelberg und Erlangen. R. lebte mit ihrer Schwester zusammen; ihr Wr. Heim war durch Jahre Treffpunkt bedeutender Wissenschafter und Künstler.

Quelle: ÖBL

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